Zelche

ZelcheBis Ende des 19. Jahrhunderts prägten Ackerbürger mit ihren Kuhgespannen das Stadtbild Münchbergs, doch heute ist von den Spuren dieser Stadtbauern nicht mehr viel zu sehen. Die Landwirtschaft wurde von ihnen nebenbei hauptsächlich für den Eigenbedarf betrieben, aber hauptberuflich waren sie Handwerker. Die Felsenkeller im Kreuzberghohlweg sind noch ein Relikt aus dieser Zeit, aber auch dieser Straßenname verweist darauf: Zelchstraße.

In einem Plan von 1852 sind diese lang gezogenen Flurstreifen gut zu erkennen, die als „Zelche“ bezeichnet werden. Schon Jahrhunderte zuvor gab es bäuerliche Siedler an der Pulschnitz. Ursprünglich lagen die länglichen Grundstücke in einer Richtung unmittelbar hinter den Häusern. Im Laufe der Jahre gab es jedoch innerhalb der Grundstücke Verschiebungen durch Vererben oder Verkauf. Daher grenzten die Zelche später nicht immer direkt an die Gebäude der Besitzer. Im Bereich östlich der Bismarckstraße erstreckten sich die Zelchfelder bis zum Eisteich (heute gleichnamige Sportanlagen). Die Vorfahren der Stadtbauern terrassierten die Bergfelder entlang der Höhenlinien, um sie besser bewirtschaften zu können. So entstanden zwischen den einzelnen Zelchen Feldraine, die etwa einen Meter Höhenunterschied ausmachten. Trotz Hanglage waren die Felder nun relativ eben und Bodenabschwemmung wurde vermieden.

Der 1911 geborene Erwin Riedel war einer der letzten Ackerbürger. Seine Vorfahren waren Gerber und Landwirte. Zu ihrem Anwesen in der unteren Ludwigstraße gehörte eine Scheune an der Ostseite der Bismarckstraße. Dahinter folgte ein Grasgarten und schließlich ihre Zelch über die heutige Karlstraße bis zum Ziegelweg.
Otto Pöhlmann wurde 1854 geboren und war Bierbrauer, Mälzer, Bäcker und Landwirt. Neben der Brauerei betrieb sein Sohn Karl bis zu seinem Tod 1954 auch die Landwirtschaft. Die zur Brauerei in der Ludwigstraße 6 gehörende Zelch begann am Kegelschub (Nützels Bräustübl) und führte ebenfalls über die Karlstraße hinweg bis zur heutigen Virchowstraße.
Unterhalb davon lag die Holper Zelch, welche ursprünglich am „Scharfen Eck“ (Ecke Bahnhofstraße/Bismarckstraße) begann und weiter direkt hier von der Mönchsbräu in der Zelchstraße ebenfalls Richtung Osten bis zum Eisteich führte. Damit das Bier der Münchberger Brauereien beim Lagern gut gekühlt werden konnte, holte man Eisblöcke aus Teichen am jetzigen Sportgelände Richtung Schlegel und schaffte sie beispielsweise auch in die Felsenkeller oder ins „Eishaus“ im Kreuzberghohlweg.

In der Grafik unten sind die Zelche der eben genannten Besitzer um das Jahr 1900 farbig markiert. Die schwarz-weiße Karte zeigt Münchberg um 1852 mit den Zelchen, aus deren Verlauf die heutigen Straßenzüge wie Zelchstraße, Albert-Schweitzer-Straße, Otto-Kalbskopf-Straße, Virchowstraße, Ludwig-Zapf-Straße, Hermannstraße und Schillerstraße entstanden sind. Die aktuelle Karte von Münchberg mit Bezeichnung der für diesen Vergleich markanten Straßennamen ist als Hintergrund unterlegt.

Zelche um 1900


Video: Luftaufnahmen Zelche


Texter, Autoren, Fotografen, Rechteinhaber oder Quellen:
Rainer Fritsch, Helmut Baier, Klaus Schroll, Klaus Foerster, Stadtarchiv



Hörpfad Audio-Datei
HMW Station: O7 Zelche - Adresse: Zelchstraße 2